Gnomorella und das Meer  

Geachte Tagebuch,

wie Du vielleicht schon an meiner foermlichen Ansprache bemerkt haben wirst, befinde ich mich zur Zeit auf einer Insel bei meinen niederlaendischen Nachbarn.
Ja, es ist also soweit ,der grosse Urlaub ist gekommen - interessanterweise sogar ganz ohne die Bademodenkrise, die ich neulich noch vermutet hatte.
Nein, nein, angesichts eines face to face mit der Insel und Meeresbrandung haben sich folgende interessante Aspekte ergeben:
1. Mein Bademodenutensiel scheint nicht ein zwingend sooo grosser Fehltritt zu sein, wie ich es urspruenglich vermutet hatte.
2. Aufgrund der Witterung und eines boese aufkeimenden Schnupfens wird sich der Einsatz meines Bademodenutensiels vermutlich auf den einen Sonnentag neulich beschraenken
- UND -
3. Kleine narzistisch gepraegte Bademodenkrisen verpuffen angesichts der grossen, weiten See nahezu im Nichts !
Jeder, der sich mit grossen oder kleineren Krisen im Leben rumschlaegt, sollte, sofern er eben die Moeglichkeit hat, ans Meer fahren- und wenn's eben geht, an die Wattensee.

Die Wattensee hat ihre eigenen einfachen und harten Regeln -
sie sind nahezu fuer jeden zu kapieren, der sich ein wenig damit beschaeftigt - und jedes zuwider Handeln bringt eine unmittelbare Konsequenz:
- wer zuweit ins Schlickfeld laeuft, verliert unter Umstaenden seine
Schuhe
- wer nicht auf die Prile achtet, muss einen grossen Umweg in Kauf nehmen, oder er bekommt maechtig nasse Fuesse
- wer nicht auf die Gezeiten achtet, hat im schlimmsten Fall uebles Pech gehabt

Aber wer sich an die Regeln haelt, der wird ganz schnell merken, was fuer ein eigener Kosmos sich in der Wattensee verbirgt.
Nicht nur, dass sich mit dem Rueckgang des Wassers nochmal ein komplett neuer Lebensraum auftut, nein, das Meer haelt immer noch alles was es irgendwann mal verschlungen hat, weiter bereit.
Ueber Gezeiten und Jahrtausende gewalgt, gespuelt und dem bestaendigen auf und ab der Wellen unterworfen.
Handschuhe von Oelarbeitern, grosse Gluehbirnen aus Fischerbootstrahlern - nicht zuletzt sogar fossile Wirbelteile von urzeitlichen Riesenhirschen.
Gestern haben RayFine und ich eine Wanderung ans Ostende der Insel gemacht. Objektiv waren das vielleicht 15 Kilometer bis ans Ende der Duenengrenze, wo es nur noch Sand und Horizont gab.
Subjektiv kam es einer Reise auf den Mond gleich.
Nicht nur das die Landschaft immer unwirklicher wirkte, sich die Konturen von Wasser, Land und Himmel immer mehr verwischten, und wir tatsaechlich fuer lange Zeit die einzigen zwei Lebewesen waren, die sich auf zwei Beinen fortbewegt haben -
nein, wir haben auch nocheinmal mehr ein Gefuehl dafuer bekommen, wie sehr wir den Gewalten ausgesetzt waren.
Das es wesentlich wichtiger war, sich die Kraft einzuteilen, sich warmzuhalten, auf die Wasserlinien zu achten, sowie auf den Sandboden ( um sich nicht die Fuesse aufzuschlitzen - oder um ggf. noch einen spektakulaeren Fund zu machen )- als sich darueber zu zanken, wer abends die Nudeln kocht, oder sich ueber die durchhaengenden Betten aufzuregen.

Und schlussendlich sind wir fuer all die Strapazen tatsaechlich noch ein bisschen belohnt worden, weil wir die Gelegenheit hatten, einen ganz, ganz, ganz, ganz jungen Seehund zu beobachten
(...und ich werde Dir jetzt keine Dokumentation ueber meine Verzueckungsschreie liefern.. )

Was ich mit all diesen illustren Beispielen sagen moechte:
Es gibt immer noch was groesseres, oder wichtigeres, als die Frage, ob der neue Bikini passt, wer die Spagetthi und den Abwasch macht, und ob in den Niederlanden das Trinkgeld schon mit inbegriffen ist oder nicht ( mutmasslich ist es das- ansonsten kann ich mir die freundliche Verabschiedung diversen Servicepersonals nicht erklaeren.... :-) -
und jeder, der befuerchtet, er koennnte mit all dem Alltagsscheiss vergessen, worauf es tatsaechlich ankommt,
dem empfehle ich einfach einen langen, langen, langen Spaziergang am Wattenmeer, damit er merkt, wie nichtig all das Zeug ist, mit dem wir uns Tag fuer Tag viel zu gerne rumschlagen.


Und zum Abschluss noch zwei links zu meinen Lieblings- Meer- Liedern:
http://nl.youtube.com/watch?v=xWBH6i3Gcqg
http://nl.youtube.com/watch?v=WRUdCfirnm4

Groetjes,
Deine Gnomorella
Torsten 

Schön festgestellt, klingt nach einem eindrucksvollen Urlaub. Und genau den wünsch ich euch beiden, viel Spaß und angenehme Erkenntnisse!

Torsten

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